Anrüchige Wahlgeschenke

Staatsanwaltschaft leitet Prüfvorgang gegen Landrat Czupalla ein / PDS fordert Untersuchungsstab "Korruption"

Von Karin Schlottmann

Der Delitzscher Landrat Michael Czupalla (CDU) hält trotz der Korruptionsvorwürfe am Mitgesellschafter der örtlichen Kreiswerke fest. Ob es ähnlich wie in Nordrhein-Westfalen unlautere Geschäftspraktiken auch in Sachsen gibt, ist immer noch ungeklärt.

Am Freitag wird sich der Landtag mit der Frage beschäftigen, ob bei der Genehmigung und beim Bau von Müllverbrennungsanlagen in Sachsen alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Die PDS-Landtagsabgeordnete Andrea Roth fordert die Regierung auf, ähnlich wie in Nordrhein-Westfalen eine Arbeitsgruppe einzurichten, die sämtliche Ausschreibungen der vergangenen Jahre in Sachsen überprüft. Ein vom Düsseldorfer Innenministerium eingerichteter Untersuchungsstab hatte Anhaltspunkte für Korruptionsstraftaten gefunden.

Dabei spielt auch das Beratungsinstitut für Kommunalwirtschaft (IKW) und der Geschäftsführer Klaus-Jürgen Haupt eine wichtige Rolle. IKW hält direkt und indirekt 45 Prozent der Anteile an den Kreiswerken Delitzsch. Die Staatsanwaltschaften Bochum, Köln und Bonn ermitteln gegen Haupt wegen Korruptionsdelikten.

Die Bochumer Ermittler gehen dem Vorwurf nach, Haupt habe den Wahlkampf von Landrat Alois Steppuhn (Märkischer Kreis in Nordrhein-Westfalen) gesponsert und ihn und andere Entscheidungsträger im Zusammenhang mit der Privatisierung der Abfallwirtschaft geschmiert.

Auch im Kreis Delitzsch hat sich Haupt finanziell für den Wahlkampf des Landrates Czupalla engagiert. Die Bezahlung von 150 Wahlkampfplakaten hat Czupalla bereits eingeräumt. Mehr habe er nicht an Spenden von Haupt erhalten, sagte Czupalla vor einigen Wochen auf Anfrage. Doch nach SZ-Informationen übernachtete Czupalla mindestens einmal auf Kosten von Haupt im Hotel "Vier Jahreszeiten" am Seilersee in Iserlohn. Thema der Zusammenkunft bei Entenbrust und Rinderfilet: Wahlkampfstrategie Delitzsch. Bezahlt hat die Rechnung von umgerechnet rund 300 Euro die Firma IKW. Das Treffen fand im Februar 2000 statt, mehr als ein Jahr vor der Landratswahl. Mit dabei waren neben Haupt ein Vertreter einer Werbeagentur sowie Landrat Steppuhn.

Spende darf keinen Bezug zum Amt haben

Die Kommunalaufsicht sieht keinen Grund einzuschreiten. Das Verbot, Geschenke über fünf Euro anzunehmen, gelte in diesem Fall nicht. Die Wahlbeamten wären sonst gegenüber Bewerbern benachteiligt, die diesen strengen Vorschriften nicht unterliegen. Voraussetzung ist allerdings, dass die Spende keinen Bezug zum Amt hat, betonte eine Sprecherin des Regierungspräsidiums Leipzig. Czupalla selbst sagt, er sei während der zehnjährigen Zusammenarbeit mit Haupt ein oder zwei Mal in Nordrhein-Westfalen gewesen. "Ich habe nichts zu verbergen."

Auch die Staatsanwaltschaft Leipzig hängt die Sache so tief wie möglich. Nachdem Rechtsanwalt Lothar Hermes, der die Delitzscher Bürgerinitiative gegen Müllverbrennung vertritt, die Ermittler einschaltete und Informationen übergab, leitete die Behörde einen so genannten Prüfvorgang ein. Bisher habe die Auswertung keinen Anfangsverdacht ergeben, sagte Oberstaatsanwalt Norbert Röger gestern.

Seine Kollegen in Bochum sind da aktiver. Sie beschafften sich die Kontounterlagen von IKW und die von Haupt bei der sächsischen Landesbank. Erst nachdem die Staatsanwälte einen Durchsuchungsbeschluss in Aussicht stellten, übergab die Sachsen-LB die geforderten Papiere. Daraus lassen sich beispielsweise Honorare und Spendenzahlungen ablesen, unter anderem Überweisungen von insgesamt umgerechnet 69.000 Euro in den Jahren 2000 und 2001 an den Sportverein Concordia.

Auch diese Unterlagen haben die Bochumer den Leipziger Beamten zur Verfügung gestellt.

Sächsische Zeitung, 15.10.2003