Sachspende an Landrat beschäftigt Kreistag

Mitgesellschafter der Kreiswerke Delitzsch finanzierte Wahlkampf-Plakate

Von Karin Schlottmann

Der Delitzscher Landrat Michael Czupalla (CDU) hat eingeräumt, im Kommunalwahlkampf 2001 Sachspenden von einem Unternehmer erhalten zu haben, gegen den drei Staatsanwaltschaften in Nordrhein-Westfalen wegen Korruptionsdelikten ermitteln.

Klaus-Jürgen Haupt, Geschäftsführer des Instituts für Kommunalwirtschaft (IKW), habe Czupallas Kandidatur mit etwa 150 Wahlkampf-Plakaten unterstützt, bestätigte der Landrat auf Anfrage der SZ. Das sei nicht verboten, auch andere Privatpersonen hätten ihn unterstützt. Eine Sprecherin des Regierungspräsidiums Leipzig sagte gestern, die zuständige Abteilung sei im Gespräch mit dem Landrat.

Kreis prüft Alternativen zur Müllverbrennung

Die Firma IKW ist direkt und indirekt zu insgesamt 45 Prozent an den Kreiswerken Delitzsch beteiligt. Die Kreiswerke planen den Bau einer Müllverbrennungsanlage. Das Vergabe-Verfahren ruht allerdings seit einiger Zeit, weil Alternativen zur thermischen Verwertung geprüft werden sollen. Delitzsch hat sich, anders als die meisten Kreise und kreisfreien Städte, keinem Abfallzweckverband angeschlossen.

Bei den Ermittlungsverfahren in Nordrhein-Westfalen geht es um Korruptionsdelikte im Zusammenhang mit dem Bau von Müllverbrennungsanlagen, in die auch zahlreiche Kommunalpolitiker verwickelt sind. Schlüsselfigur der Affäre ist der Unternehmer Hellmut Trienekens, gegen den - gemeinsam mit weiteren Beschuldigten - der Prozess voraussichtlich im November beginnen soll. Trienekens hatte 1990 gemeinsam mit Klaus-Jürgen Haupt die IKW gegründet. Sie stellen sich auf ihrer Internetpräsentation als Partner und Berater kommunalwirtschaftlicher Gesellschaften dar, heißt es im Abschlussbericht des nordrhein-westfälischen Innenministeriums.

Der Enthüllungsjournalist Hans Leyendecker bezeichnet Haupt in seinem kürzlich erschienenen Buch "Die Korruptionsfalle" als "den umtriebigen Landschaftspfleger" von Trienekens. "Nach den Feststellungen der Staatsanwaltschaft zahlte der Müllmagnat (gemeint ist Trienekens, d. R.) an die IKW in sechs Tranchen insgesamt 674.000 Euro für laufende Beratung zur Teilprivatisierung der Abfallwirtschaft Märkischer Kreis GmbH", schreibt Leyendecker.

Die Ermittler der Staatsanwaltschaft Bochum untersuchen, ob Haupt mit einem Teil des Geldes Entscheidungsträger im Märkischen Kreis geschmiert hat, heißt es dort weiter. Deshalb eröffneten sie Mitte April ein Ermittlungsverfahren gegen den dortigen Landrat, den Kämmerer und gegen Haupt.

Der Kreistag in Delitzsch wird sich auf Antrag der PDS-Fraktion auf einer Sondersitzung am 16. September mit dem Thema befassen. Dort soll es nach dem Willen der Opposition und der Bürgerinitiative gegen die Müllverbrennungsanlage um die Rolle von Haupt bei den Kreiswerken gehen. Der Dresdner Rechtsanwalt Lothar Hermes, der die Bürgerinitiative vertritt, kündigte einen umfangreichen Fragekatalog an, der den Fraktionen vorgelegt werden soll.

Anwalt: Hinweise auf Unregelmäßigkeiten. Er habe Hinweise, dass es bei der Erstellung des Konzeptes für die Verbrennungsanlage möglicherweise zu Unregelmäßigkeiten gekommen sei, sagte er der SZ. Gegebenenfalls müsse die Staatsanwaltschaft eingeschaltet werden. Unter anderem gebe es Anhaltspunkte dafür, dass die Kreiswerke mit der IKW einen gesondert honorierten Beratervertrag abgeschlossen hätten. Das sei zumindest erklärungsbedürftig, weil sich die IKW schon im Gesellschaftervertrag verpflichtet habe, ihr Wissen und Können bei den Kreiswerken einzubringen.

Merkwürdig sei zudem, dass Landrat Czupalla erst seit Anfang August von den Ermittlungen in Nordrhein-Westfalen erfahren habe, obwohl Haupt von dem gleichen Anwalt verteidigt werde, der auch für die Kreiswerke tätig sei. Hier gebe es Anhaltspunkte für eine Interessenkollision. Hermes sagte weiter, nach seinen Informationen spiele Haupts Engagement in Delitzsch auch bei den Untersuchungen in NRW eine Rolle.

Sächsische Zeitung Donnerstag, 28. August 2003


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