Müllskandal in Sachsen-Anhalt

Behörden schließen Kontrolle ab

Tiefenprüfung steht bevor – Aussagen über Ausmaß erst Ende April möglich

Magdeburg/Halle/dpa. Drei Wochen nach Bekanntwerden der ersten Verdachtsfälle auf illegale Müllentsorgung haben die Behörden eine erste Überprüfung von mehr als 200 Abfallgruben in Sachsen-Anhalt abgeschlossen. Ähnliche Befunde wie in den Gruben Möckern und Vehlitz (beide Jerichower Land), wo behördlichen Untersuchungen zufolge Hausmüll und andere Abfälle in größerem Stil unerlaubt abgekippt wurden, habe es nach bisherigen Erkenntnissen nicht gegeben, teilten Landesamt für Geologie und Bergwesen und Umweltministerium am Freitag mit. In einigen Fällen sei allerdings illegale Müllentsorgung vergleichsweise geringer Mengen festgestellt worden, sagte Umweltministerin Petra Wernicke (CDU) der dpa.

Die ebenfalls veranlasste Prüfung weiterer rund 400 Abfallfirmen wie Sortier- oder Recyclinganlagen werde voraussichtlich Ende April abgeschlossen sein. Dann seien Aussagen möglich zum tatsächlichen Ausmaß unerlaubter Abfallentsorgung in Sachsen-Anhalt. „Unser Ziel ist es aufzudecken, wo es Probleme gibt, und festzulegen, wie man dagegen vorgehen kann“, sagte die Ministerin. „Es ist nicht hinnehmbar, wenn es kriminelle Aktivitäten gibt, die einer ganzen Branche und einem ganzen Land schaden.

Nach Angaben des Landesamts für Geologie und Bergwesen in Halle gab es in 3 von 76 Ton- und anderen Gruben, für die diese Behörde zuständig ist, Probleme. Dort hätten Unbekannte Bauschutt entsorgt, der inzwischen weggeräumt worden sei, sagte Vize-Präsident Frank Esters der dpa. Die Betreiber hätten Anzeige erstattet. In der kommenden Woche beginne die Tiefenprüfung: Mit Baggern und Rammen würden dann Proben aus tieferen Teilen der Gruben entnommen und analysiert. Erlaubt ist in den Ton-, Sand- oder Kiesgruben die Ablagerung mineralischen Mülls. Das gilt auch für die 137 Kies- oder Sandgruben, für deren Überwachung regionale Behörden zuständig sind. Laut Wernicke stehen auch hier in einigen Fällen Tiefenprüfungen an.

In mehreren der etwa 400 Abfallbehandlungsanlagen gibt es nach Aussage von Behörden den Verdacht auf unerlaubte Machenschaften. So soll ein Entsorgungsunternehmen aus Krumpa (Saalekreis) bis zu 70.000 Tonnen Bauabfälle mit Plastikmüll vermischt, falsch deklariert und illegal entsorgt haben, wie die „Mitteldeutsche Zeitung“ (MZ) am Freitag unter Berufung auf Kreisverwaltung und Landesverwaltungsamt berichtete. Das Material sei vermutlich in die Deponien Freyburg-Zeuchfeld (Burgenlandkreis) sowie die Tongruben Vehlitz und Rietzel (beide Jerichower Land) gegangen. Die Staatsanwaltschaft Halle ermittelt seit Januar, die Firma wies die Vorwürfe zurück.

Der Landkreis Mansfeld-Südharz hatte in der vergangenen Woche ein Verfahren zur teilweisen Stilllegung einer Recyclinganlage in Sangerhausen-Riestedt eingeleitet, weil dort ein nicht genehmigtes Gemisch aus Kunststoff- und mineralischen Abfällen hergestellt worden sein soll. Ein Teil des Materials soll nach Thüringen und - nach jüngsten MZ-Recherchen - auch nach Möckern gelangt sein.

Auslöser für die umfangreichen Prüfungen war der Fund von Hausmüll in einer Tongrube in Vehlitz. Kurz darauf wurde bekannt, dass in der nahe gelegenen Tongrube Möckern giftige Gase austreten, auch hier müssen laut Bergamt andere als die erlaubten Stoffe abgelagert worden sein. In beiden Fällen ermittelt ebenfalls die Staatsanwaltschaft.

Mitteldeutsche Zeitung, 04.04.2008


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