Brennstoffwerk ist „nur ein kleiner Schritt

Delitzscher Bürgerverein hält an seiner Kritik an den Kreiswerken fest und sieht das neue Projekt widersprüchlich

Von Thomas Steingen
Grundstein für eine neue Auseinandersetzung: Im Beisein der Landräte Michael Czupalla (Delitzsch, Dritter von rechts) und Ulrich Gerstner (Salzlandkreis) bereitet KWD-Projektleiter Frank Dietzel (links) die Kassette zur Grundsteinlegung für das Bernburger Werk vor. Foto: Thomas Steingen

Delitzsch (ts). Der Baubeginn der Ersatzbrennstoff-Produktionsanlage der Kreiswerke Delitzsch GmbH (KWD) auf dem Gelände der Schwenk Zement KG in Bernburg ist für den Bürgerverein Sauberes Delitzscher Land nur ein kleiner Schritt in die richtige Richtung. Dieser könne aber die eigentlichen Probleme der Abnahme der in der mechanisch-biologischen Anlage Cröbern anfallenden heizwertreichen Fraktion (HWRF) nicht lösen. „Die ökonomischsten Verwertungslösungen heißen Blockheizkraftwerke mit Abwärmenutzung, denn diese benötigen keine wirtschaftlich unsinnige Aufbereitung zu Ersatzbrennstoffen (EBS). Zudem müssten die nicht verarbeitbaren Restabfälle teuer in Müllverbrennungsanlagen entsorgt werden“, heißt es in einer Erklärung des Vereins.

Weil es sich bei den KWD um einen teilkommunalen Betrieb des Landkreises handelt, befürchtet der Bürgerverein, bei der Lösung des HWRF-Problems auch weiterhin per Müllgebührenzahlungen „beteiligt“ zu werden. Als ein Argument wird der zu späte Baubeginn in Bernburg angeführt, denn „die geplante Anlage hätte laut Genehmigungsbescheid des Regierungspräsidiums Leipzig für das Kurzzeit-Zwischenlager auf dem Deponiekörper Spröda bereits Anfang des dritten Quartals 2007 die Auslagerung der HWRF-Ballen ermöglichen müssen. Bis spätestens 3. August 2007 sind die KWD verpflichtet, die von ihnen ein Jahr zuvor eingebauten Ballen wieder aus dem Lager zu entnehmen“, so Vereinsmitglied Raimund Krieger. Er schlussfolgert: „Das mit der Abnahme der HWRF seit August 2006 einhergehende Verschaffen einer millionenschweren Liquiditätshilfe zu Gunsten der KWD auf Kosten der Müllgebührenzahler scheint Früchte zu tragen. Das Geld wird scheinbar umgewidmet und für den Bau einer EBS-Anlage in Bernburg verwendet.“ Den Genehmigungsbescheid nennt der Verein in sich widersprüchlich. Darin seien jährlich 66.000 Tonnen HWRF genehmigt, woraus 60.000 Jahrestonnen EBS für die Zementproduktion entstünden. Fachleute würden bemängeln, dass der sich daraus ergebende Verwertungsgrad von rund 90 Prozent technisch nicht umsetzbar ist, erklärt Krieger. Die KWD selbst sprachen bei der Grundsteinlegung von einer EBS-Jahresproduktion von 80.000 Tonnen in der ersten Ausbauphase und etwa 50 Prozent Verwertungsgrad. „Nimmt man dies für bare Münze, so hätte die Anlage eine jährliche Durchsatzleistung an HWRF von 160.000 Tonnen.“ Deshalb fragt der Bürgerverein: „Schreibt der Gesetzgeber hierfür nicht ein öffentliches Genehmigungsverfahren unter Regie des Landesverwaltungsamtes Halle zwingend vor?

Des Weiteren wirft er die Frage auf, ob die KWD für ihr Produkt, den Ersatzbrennstoff Carbo light, nicht sogar noch Geld an die Schwenk Zement KG für die Abnahme bezahlen müssen. Ein Abnahmepreis in Höhe von 30 Euro je Tonne sei üblich, will der Verein erfahren haben. Zu konkreten Preisen schwiegen auf Anfrage der Kreiszeitung sowohl Schwenk-Werkleiter Udo Müller als auch KWD-Geschäftsführer Heinz Böhmer. Der vom Bürgerverein angesprochenen Praxis widersprach Böhmer gestern jedoch nicht.

Leipziger Volkszeitung, Delitzsch-Eilenburg, Lokales, Seite 15, 17.07.2007


Kristian Teetz

STANDPUNKT


Von Kristian Teetz

An einen Tisch

Bei jedem Streit sollte die Versöhnung mitgedacht werden. Bester Weg dahin ist, sich an einen Tisch zu setzen. Das sollten endlich auch die Kreiswerke und die Bürgerinitiative Sauberes Delitzsch beherzigen. Auf der einen Seite ist es gut und wichtig, dass wachsame Bürger den (Kommunal-)Politikern und Unternehmern auf die Finger schauen. Aber so manche Entscheidung dürfte ohne nähere Einblicke in mittel- und langfristige Strategiepläne schwer zu beurteilen sein. Statt sich permanent zu belauern und auf jede Äußerung des anderen anzuspringen wie ein Wachhund auf ein Knarren der Haustür, sollte nun das Gespräch gesucht werden. Am allerwenigsten ist dieser Streit nämlich den Bürgern des Landkreises zuträglich. Und um deren Wohl sollte es in einem (teil-)kommunalen Unternehmen genauso zuallererst gehen wie in einer Bürgerinitiative.

@k.teetz@lvz.de

Leipziger Volkszeitung, LOKALES, Delitzsch-Eilenburg, 17.07.2007, Seite 15


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