Von Fehlentwicklungen und Empörung

SPD fordert Rücktritt des Oberbürgermeisters / Kontroverse Diskussion geht weiter

Von KARIN RIECK

Delitzsch. Eine brisante Diskussion ist in Gang gekommen: Hat Delitzschs Oberbürgermeister Heinz Bieniek (CDU) seine Kompetenz auf dem Stuhl des Stadtoberhauptes wegen diverser Fehlentwicklungen in der Kreisstadt verwirkt? Mitglieder der SPD-Fraktion des Stadtrates sind davon überzeugt. Fraktionsvorsitzender Siegfried Schönherr fordert den Rücktritt Bienieks. Seine wichtigsten Gründe: die Krise bei den Stadtwerken sowie der notwendige Neubau der Turnhalle in Delitzsch-Ost, der nicht vorankommt (wir berichteten).

Jörg Kiesewetter CDU-Stadtrat Jörg Kiesewetter kämpft noch mit der Entscheidung, ob er „Empörung oder Mitleid“ gegenüber dem SPD-Fraktionschef empfinden soll. Zum fehlenden Etat-Ansatz 2007 für den Schulturnhallen-Neubau verweist der 26-Jährige auf das Protokoll der Stadtratssitzung vom 15. Dezember 2005: Schon vor gut einem Jahr seien nach heftiger Turnhallendebatte die Anträge von CDU und SPD zurückgenommen und ein gemeinsamer Antrag der Fraktionen beschlossen worden, der da lautet: Alle Räte sind für den Neubau. Sollten objektive Gründe dagegen sprechen, müsse man das akzeptieren, sich erneut abstimmen und möglicherweise den Realisierungstermin verschieben. „Es versteht sich von selbst, dass in der derzeitigen finanziellen Situation der Stadt der Turnhallenneubau keinen Niederschlag im Haushalt finden kann“, so Kiesewetter, der sich zudem wundert, warum die SPD als einzige Fraktion trotz Kenntnis dieser Umstände den gemeinsam beschlossenen Antrag im Etatentwurf vermisst.

Zu der wiederholt durch die SPD geäußerte Kritik, der Bau des Biomassekraftwerks (BMKW) und des Holzkontors Sachsen (HKS) sei am Stadtrat vorbei gelaufen, wiederholte Kiesewetter, woran Bieniek dieser Tage in der Kreiszeitung schon erinnert hatte: Nicht die Kommune habe BMKW und HKS gebaut, sondern die Gesellschafter. Was auch den SPD-Aufsichtsräten in den entsprechenden Gesellschaften bekannt sein müsste. „Offenbar hat die SPD-Fraktionsspitze die letzte Schelte der Rechtsaufsichtsbehörde im Landratsamt in diesem Zusammenhang noch nicht verarbeitet, die da lautete, dass ein Stadtratsbeschluss zur Errichtung des HKS nicht notwendig gewesen ist.“ Den Vorwurf, dass „kommunale Betriebe unser Geld kosten, anstatt es zu verdienen“, will der junge CDU-Stadtrat ebenfalls „im Interesse der Beschäftigten“ nicht im Raum stehen lassen: „Die selbsternannten Retter von Witwen, Waisen und des Kommunalvermögens sollten sich endlich zur hervorragenden Arbeit unserer kommunalen Betriebe gerade in diesen stürmischen Zeiten bekennen, anstatt jegliche Bemühungen zur Besserung der Lage zu diffamieren.“ Damit gäbe man den Unternehmen auch die Chance, „wieder ungestört Geld zu verdienen. Dann könnte es in Zukunft auch mit den Investitionen und den Arbeitsplätzen klappen“. Kiesewetter hofft, „dass am Ende alles gut wird“.

Theo Arnold Theo Arnold, Beisitzer im Vorstand des SPD-Ortsvereins Delitzsch sowie Ex-Dezernent und -Amtsleiter im Rathaus, meldete sich in der Bieniek-Debatte ebenfalls zu Wort: „Wenn über Jahre so viel schief geht wie in Delitzsch, wäre in anderen Bereichen der Gesellschaft, etwa in der Wirtschaft, im Sport oder in Vereinen und Verbänden, längst ein Rücktritt erfolgt. Wenn man so oft Entscheidungen aus dem Bauch heraus trifft mit solchen Folgen für die Stadt, muss man als OBM mit den entsprechenden Reaktionen rechnen. Insbesondere dann, wenn Äußerungen gegenüber Kritikern teilweise beleidigenden Charakter annehmen.

LVZ, Delitzsch-Eilenburger Kreiszeitung, 11.01.2007, Seite 3


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