Kakerlaken-Plage - Staatsanwalt ermittelt

Delitzsch/Leipzig (dom). Mit der Kakerlaken-Plage am ehemaligen Delitzscher Ziehwerk beschäftigt sich die Staatsanwaltschaft Leipzig. „Wir haben die Ermittlungen aufgenommen und prüfen zurzeit die Genehmigungslage“, sagte deren Sprecher Ricardo Schulz auf Anfrage der Kreiszeitung. Unterlagen und Protokolle seien angefordert oder zum Teil bereits gesichtet worden. Die Auswertung laufe. „Es geht um den Vorwurf des Verstoßes gegen das Abfallrecht beziehungsweise die Verletzung von Auflagen, die sich aus dem Umweltrecht ergeben.

Wie berichtet, hatten Mitglieder des Bürgervereins Sauberes Delitzscher Land und eine Ziehwerk-Anwohnerin aus Döbernitz Strafanzeige gegen die Kreiswerke Delitzsch erstattet. Das Unternehmen unterhält in einer Halle der Industriebrache seit 2005 ein Zwischenlager für rund 4500 Tonnen Mischkunststoffe. Aus den Abfallballen waren die Insekten zu Hunderten ausgeschwärmt. Schädlingsbekämpfer sind seit drei Monaten damit beschäftigt, den Tieren Herr zu werden.

LVZ, Hauptteil, Titelseite, 28.09.2006


Kakerlaken - sie rauben vielen Bewohnern in Döbernitz den letzten Nerv.



Foto: Manfred Lüttich

Die Kakerlaken-Plage und der portionsweise Kampf

Kreiswerke setzen auf Begasung / Anrainer sind enttäuscht

Von Dominic Welters

Delitzsch.Es sind zwar weniger geworden, aber sie sind immer noch da“, sagt Gabriele Lippert aus der RTS-Straße im Delitzscher Ortsteil Döbernitz und rekapituliert gedanklich, wo sie wenige Stunden zuvor auf Kakerlaken gestoßen ist: an der Küchenabzugshaube und am Warmwasserboiler in ihrer Laube, die gleich neben dem Mehrfamilienhaus in einem schmucken Gärtchen steht.

Auch in der Wohnung des Sohnes der 58-Jährigen und in weiteren Quartieren unweit des Delitzscher Ziehwerks herrscht nach wie vor das große Krabbeln. Nicht mehr das ganz große wie Ende Juni, als die Schabenplage in zwei Dutzend Gebäuden und anderen Objekten für die Kreiswerke Delitzsch (KWD) zum Riesen-Problem wurde, „aber man hat nicht wirklich das Gefühl, dass bis Weihnachten alles vorbei ist“, sagt Lippert. An den beliebten Festtagen würde Frieden herrschen an der Kakerlaken-Front, hätten die von den KWD beauftragten Kammerjäger unlängst versprochen, erzählt die Dame und schüttelt mit dem Kopf: „Ich glaub´ nicht dran.

Nunmehr seit einem Vierteljahr halten die Tierchen Lippert und Nachbarn und damit auch die Kreiswerke in Atem. Das Unternehmen, das in einer alten Halle auf dem Ziehwerkgelände rund 4.500 Tonnen so genannter Mischkunststoffe für die Produktion des Ersatzbrennstoffes Carbo Light zwischenlagert (wir berichteten), hat inzwischen drei Schädlingsbekämpfungsunternehmen mit der Lösung des Falls betraut. Ulf Bechstein, bei den KWD Bereichsleiter Dienstleistungen, Gebäude- und Liegenschaftsverwaltung, berichtet von Fortschritten. Der Bestand sei beträchtlich zurückgegangen und erste Versuche, die Abfall-Ballen nach und nach auszulagern und gleichsam „portionsweise“ zu bearbeiten, um die weitere Vermehrung zu unterbinden, stimmten zuversichtlich. „Mit Bespritzen und Benebeln kriegt man die Eipakete jedenfalls nicht kaputt“, so Bechstein. Die Oteken - so der Fachbegriff - würden nur abgetötet, wenn man sie in einem dichten Raum „begast“. Das klinge zwar bedrohlich, habe aber für die Umwelt keine negativen Auswirkungen.

Die aktuelle Havarie-Variante, „die sehr vielversprechend ist“, wie Marlis Fischer, Sachbearbeiterin Hygiene im Aufsicht führenden Landratsamt, bekräftigt, sieht nach unbestätigten Informationen der Kreiszeitung die sofortige Weiterverarbeitung des Plastikmülls vor. Allein deshalb sei mit einem „langwierigen Prozess zu rechnen“, so Fischer. Immerhin würden aus der Halle schon länger keine Kakerlaken mehr nach draußen dringen. „Das Problem sind jetzt vor allem die Tiere, die sich in den Grundstücken verkrochen und dort ihre Eier abgelegt haben.

Unabhängig von den Bemühungen der Schädlingsbekämpfer, den Kakerlaken den Garaus zu machen, fühlen sich die Ziehwerk-Anrainer von den Kreiswerken im Stich gelassen. Seit jenem Tag im Juni, als der Skandal ruch- und mehr als sichtbar wurde, sei von den KWD vor Ort niemand mehr aufgetaucht, bedauert Schaben-Opfer Lippert.

LVZ, Delitzsch-Eilenburger Kreiszeitung, Seite 3, 28.09.2006


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