Aldehyde bei Brand verdampft

Delitzsch. Als eine irreführende Verharmlosung, bezeichnet in einem Brief an unsere Kreiszeitung der Zschepener Dietmar Mieth die Meinung der Leitung der Biokraftwerk GmbH, dass nach dem Feuer auf deren Delitzscher Betriebsgelände vom 3. zum 4. Juni (wir berichteten) „zu keiner Zeit durch den Brand Gebäude oder Personen in unmittelbarer Nähe zum Biomasskraftwerk gefährdet waren“.
Dabei hatte die Geschäftsleitung auf ökologisch unbedenkliche Althölzer der Klassen A I und A II verwiesen, die in der Nacht in einem Lager verbrannten.

Das sieht Mieth anders. Es sei unstrittig, dass die Altholzhalde zu dem Zeitpunkt des Brandes hunderte Tonnen Spanplatten in geschredderter Form enthielt. Verbundplatten enthielten Aldehyde (vor allem Formaldehyd). Bei der Verbrennung verdampften die Aldehyde stärker als sonst und würden als Gase beziehungsweise Aerosole in die Atmosphäre gehen. Die Einwohner der Gemeinden Selben und Zschepen wären gefährdet worden. Ärztliche Atteste bescheinigten, dass auch am nächsten Morgen Rötungen der Augenbindehaut, Luftnot und Reizhusten festgestellt worden sein. Und weiter heißt es in dem Brief: „Geschäftsführer Gerhard van Meegen wird sich doch noch genau an die Vorfälle beim Großfeuer seiner Altholzhalde im sächsisch-anhaltinischen Barby erinnern können. Dort wurden im Frühsommer des Jahres 1998 rund 270 000 Kubikmeter Altholz (geschredderte Spanplatten und anderes) zu 80 Prozent ein Opfer der Flammen. Dieser Brand ging als wohl größter und zeitlich längster in die Geschichte Sachsen-Anhalts ein.

Bis zum heutigen Tag seien vom Landratsamt keinerlei Stellungnahmen zur Gefährlichkeit des Brandes erfolgt. Man könne sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Behördenseite den Vorfall im Sinne des Betreibers aussitzen möchte, um das laufende Genehmigungsverfahren für die Verbrennung auch hochgiftiger Hölzer nicht zu gefährden.

In einem weiteren Leserbrief von Manfred Stieler aus Delitzsch wird das Feuer als „Horrorszenario“ bezeichnet. In dem Schreiben heißt es unter anderem: „Nach dem Brand am 3. Juni auf dem Holzlagerplatz des Biokraftwerks mit seinen Auswirkungen für die betroffene Bevölkerung in der Zugrichtung der beim Brand entstandenen Gaswolke wird deutlich, welche Gefahren für die Menschen in Delitzsch von den entstehenden ´Biomassekraftwerken´ wirklich ausgeht. Erst recht dann, wenn künftig hoch schadstoffbelastete Althölzer verbrannt werden sollen.

Der stellvertretende Landrat Ulrich Fiedler zu den Vorwürfen im Zusammenhang mit dem Brand: „Vom Umweltamt des Kreises wurden das Staatliche Umweltfachamt und das Regierungspräsidium als Rechtsaufsichtsbehörde informiert. Die Polizei untersucht die Brandursache.“ Fiedler unterstrich: „Es handelte sich um Hölzer der Klasse A 2, die zur anschließenden Verbrennung im Biomassewerk gelagert werden dürfen.

Die Pressesprecherin der Polizeidirektion Torgau Birgit Ziegenhorn erklärte, dass sich nach dem jetzigen Stand der polizeilichen Untersuchungen bei dem Brand um eine Selbstentzündung gehandelt habe. Gleichwohl liege der Fall bei der Kriminalpolizei noch auf dem Tisch und werde bearbeitet.

Inzwischen erstattete Mieth Anzeige gegen die Geschäftsführung der Biokraftwerk Delitzsch GmbH wegen Gefährdung der Bevölkerung und Umwelt.

red

Gutachter kontrolliert Holz für Kraftwerk

Die Geschäftsleitung der Biokraftwerk GmbH informierte ein weiteres Mal zu dem Brand in der Delitzscher Fabrikstraße: „Neben Grünschnitt und unbehandeltem Palettenholz sind auch Spanplatten der Altholzkategorie A 2 dem Feuer zum Opfer gefallen. Nach unserem Kenntnisstand wurden auf Grund der geringen Größe des Brandes keine Schadstoffe emittiert. Der Gesetzgeber kategorisiert Spanplatten als A 2, wenn sie organisch beschichtet sind. Es sind maximal zwei Prozent Fremdstoffanteile im Altholz zulässig.

Das Biokraftwerk garantiert durch Kontrollen, dass alle gesetzlichen Auflagen gemäß Betriebserlaubnis jederzeit eingehalten werden. Sobald ein Liefervolumen von 500 Tonnen erreicht ist, wird eine zusätzliche Kontrolle durch einen externen Gutachter vorgenommen. Erst nach Freigabe durch den Gutachter wird das Holz der kontrollierten thermischen Verwertung im Kraftwerk zugeführt. Das verbrannte Holz war ebenfalls durch den Zulieferer und das Biomassekraftwerk überprüft worden. In dieser Woche wird das staatliche Umweltfachamt das Werk besuchen und entscheiden, wie das gesammelte Löschwasser zu entsorgen ist.

Die Rauchwolke zog in der Nacht vom 3. zum 4, Juni in Richtung Süden. Damit war Delitzsch selbst nicht beeinträchtigt. Über die Verteilung der Rauchwolke liegen keine Erkenntnisse vor. Mitarbeiter des Werkes, die an der Feuerbekämpfung beteiligt oder sich während des Brandes auf dem Betriebsgelände aufhielten, erlitten keine gesundheitlichen Schäden. Insofern sind Beeinträchtigungen bei Einwohnern im Umland für die Geschäftsführung nicht einschätzbar. Sollte es zu gesundheitlichen Problemen gekommen sein, bedauert dies die Geschäftsleitung.

Aus dem Brand im Holzlager 1998 in Barby, Sachsen-Anhalt hat die Geschäftsführung klare Schlussfolgerungen gezogen: Unfangreiche zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen gehören ebenso dazu wie die – im Vergleich zu den gesetzlichen Auflagen – erheblich größer konzipierte Feuerlöschtechnik.

red.

LVZ, Delitzsch-Eilenburger Kreiszeitung, 16.06.2004


Bemerkungen von Dietmar Mieth:

Im Gegensatz zu dem LVZ-Artikel vom 5./6. Juni 2004 „Firmenleitung: Keine Gefahr für Gesundheit“ gibt nun der Betreiber des Kraftwerkes zu, dass „auch Spanplatten“ ein Opfer des Feuers wurden. Anfänglich sollten doch nur „allein ökologisch unbedenkliche Althölzer“ verbrannt sein. Bleibt abzuwarten, ob sich in seinem nächsten Statement der „Bio“-Kraftwerksbetreiber auch noch an die vielen Kunststoffverunreinigungen inmitten der folienbeschichteten Althölzer erinnern wird.

Die Anfänge einer kleinen Bildergalerie zu diesem Thema wurden auf dieser Homepage gemacht. Diese werden sicher das Erinnerungsvermögen steigern helfen.

Auch spenden die betreibertreuen Aussagen des Vizelandrates Fiedler den betroffenen Zschepener und Selbener Bürgern, die in der Brandnacht teilweise unerträgliche Rauchbelastungen über sich ergehen lassen mussten, ein wenig Trost. Nur zu verständlich ist Fiedlers nichtssagende Wortmeldung. Schließlich ist er ein Angehöriger der Genehmigungsklientel dieses so genannten „Biokraftwerkes“. Schon allein damit ist das Politikum perfekt.

Ob nach einem jederzeit technisch möglichen Brand im „Biomassekraftwerk“ der Technischen Werke Delitzsch auch der Aufsichtsratsvorsitzende, OBM Bieniek, und der Geschäftsführer, Herr Mörtl, so ehrlich wie Herr van Meegen im obigen Artikel sein Bedauern bei Auftreten von möglichen „gesundheitlichen Problemen“ zum Ausdruck bringen werden, wird sich zeigen.

An jedem Tag führt die Menschheit Krieg. – Ein schleichender, aber gnadenloser Krieg gegen die Umwelt. Sie vernichtet ihre Lebensgrundlage und nimmt andere Lebewesen, die diesen Planeten seit hundertmillionen von Jahren bewohnen mit ins Grab. Machtgier und das niemals zu stillende Streben nach noch mehr Geld sind die Triebkräfte. Der neu emporgekrochene Adelsstand der Müllbarone bezeichnet sich selbst als Retter dieser Erde. Man läßt Gesetze schaffen, die auch noch das Verbrennen der giftigsten Materialien unter dem Deckmantel der ökologischen Nachhaltigkeit fixieren. Zudem organisieren diese Gesetze die Belohnung der Allesverbrenner mit dem zuvor dem Volk abgemolkenen Geld. Kollateralschäden unter der Zivilbevölkerung sind unauffälliges Beiwerk.- Es ist Krieg!


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