SPD-Ortsvorsitzender wirft OBM "Vetternwirtschaft" vor

"Reservierung" von Jobs im neuen Biomassekraftwerk für Zuckerwerker führe zur Ausgrenzung von Arbeitslosen

Delitzsch. Mit ungewöhnlicher Schärfe hat gestern der Vorsitzende des SPD-Ortsvereins, Joachim Ackermann, auf die Ankündigung von Oberbürgermeister Heinz Bieniek (CDU) reagiert, den von Arbeitslosigkeit bedrohten 100 Mitarbeitern der Zuckerfabrik bevorzugt Jobs anzubieten. "Die Delitzscher Arbeitslosen will er somit bei der Vergabe von neuen Arbeitsplätzen einfach ausgrenzen", zürnte der SPD-Ortschef und sagte weiter: "Wir wollen in Delitzsch Chancengleichheit und keine Vetternwirtschaft nach der Devise » Weil man sich kennt «." Wie berichtet, wollen die Technischen Werke Delitzsch und die Mannheimer Verkehrs-, Versorgungs- und Energie AG gemeinsam im Gewerbegebiet Delitzsch-Südwest ein Biomassekraftwerk errichten. Etwa 50 Arbeitsplätze würden dort bei der Herstellung von Elektroenergie aus Holzbrennstoffen benötigt. Diese Jobs sollen nach dem Willen von OBM Bieniek vornehmlich Mitarbeiter des Delitzscher Südzucker-Werkes erhalten. Ihr Betrieb wird nach einem Beschluss des Südzucker-Konzerns aus dem vorigen Jahr zum Jahresende geschlossen. Ackermann: "Wenn schon Delitzsch unbedingt ein Schadstoffbehandlungszentrum werden will, dann sollen die daraus entstehenden Arbeitsplätze nach fairen Kriterien allen Arbeitssuchenden offen stehen." Er befürchtet, dass der Verlust an Beschäftigung durch den Imageschaden für die Stadt langfristig ohnehin größer sein werde als die 50 angekündigten neuen Stellen.
"Jede Maßnahme, die Südzucker zwingt, durch Beihilfen hier neue Nachfolgearbeitsplätze zu schaffen, würde auch eine direkte Übernahme von dort Beschäftigten rechtfertigen", meinte Ackermann. Südzucker fördere das Biomassekraftwerk allerdings weder durch Geld aus dem Sozialplan noch indirekt durch eine preiswerte Überlassung des Firmengeländes für die neuen TWD-Aktivitäten. Deshalb sei eine "Reservierung" der Arbeitsplätze in der neuen Anlage für Zuckerfabrik-Mitarbeiter nach seiner Ansicht durch nichts zu rechtfertigen. Tausende Arbeitslose würden sich sonst diskriminiert fühlen.

Klaus Staeubert

LVZ, 24.10.2001