Leipzig plant neue Müllpreise

Leipzig (A. T.). Die Messestadt prüft eine Gebührenanhebung bei der Müllentsorgung. Auslöser dafür sind die finanziellen Schwierigkeiten der Westsächsischen Entsorgungs- und Verwertungsgesellschaft (die LVZ berichtete). In einem internen Papier für den Stadtrat wird die brisante Situation beschrieben.

Leipziger Volkszeitung, 24.04.2006, Titelseite


Internes Papier: Müll wird teurer

Wegen Problemen bei Abfallentsorgung kommt im Rathaus Gebührenanhebung ins Gespräch

Die Krise in der Abfallentsorgung spitzt sich dramatisch zu. Ein internes Papier - das Leipzigs Stadträten vertraulich zugestellt wurde - skizziert erstmals eine mögliche Insolvenz der Westsächsischen Entsorgungs- und Verwertungsgesellschaft (WEV). Eine Option wird mehrfach angeführt: Die Anhebung der Müllgebühren.

Verantwortlich für die Entwicklung ist offiziell ein 4,5-Millionen-Euro-Verlust der Firma WEV, die die Abfallentsorgungsanlagen in Leipzig, im Leipziger Land und im Muldentalkreis organisiert. Das Minus ist vor allem durch die Anlaufschwierigkeiten der neuen Mechanisch-Biologischen Abfallbehandlungsanlage (MBA) in Cröbern entstanden (die LVZ berichtete). Darüber hinaus soll es auch Managementfehler gegeben haben. Zur Erinnerung: Die WEV ist ein Gemeinschaftsunternehmen von Leipzig, Leipziger Land und Muldentalkreis auf (51 Prozent) und der Firma Sita Ost (49 Prozent). Sita Ost gehört zum internationalen Suez-Konzern, der weltweit 190 000 Mitarbeiter hat.

Das Leipziger Umweltdezernat wirft in dem internen Papier den Managern der WEV vor, dass sie keine Konzepte für den Fall erarbeitet haben, dass die MBA nicht ordnungsgemäß funktioniert oder der Absatz des aussortierten heizwertreichen Materials nicht wie geplant klappt. „Die abgeschlossenen Verträge sahen keine Öffnungsklauseln für solche Fälle vor“, heißt es in dem Schriftstück. „Die Gesellschafter sollten deshalb die Geschäftsführung der WEV nicht aus der Haftung durch spezielle Weisungen entlassen.

Hart ins Gericht gehen die Experten des Umweltdezernats auch mit der Rolle der Sita Ost als Generalübernehmer der MBA. Sie fordern jetzt deren „umfangreiche Erfahrungen in der Abfallwirtschaft“ ein, damit die MBA die versprochenen Qualitätskriterien erreicht. „Ansonsten sind entsprechende juristische Schritte zu prüfen und einzuleiten.

Wenn die Insolvenz der WEV nicht mehr abgewendet werden kann, muss der Zweckverband Abfallwirtschaft Westsachsen (ZAW) - also die Stadt Leipzig, das Leipziger Land und der Muldentalkreis - die Finanzlücke durch eine „Umlage“ decken. Die Stadt Leipzig hätte davon 58 Prozent aufzubringen - und würde versuchen, dies auf die Müllgebühren umzulegen. Neben den Verlusten der WEV müssten so die Bau-Kredite der MBA (52 Millionen Euro) sowie die Rest-Kredite der Zentraldeponie Cröbern (64 Millionen Euro) geschultert werden. Zusätzlich wäre die Rekultivierung und Nachsorge der Alt-Deponien Seehausen und Groitzsch-Wischstauden sicherzustellen. Auch ohne Insolvenz müssten Verträge angepasst werden. Dabei sei eine Erhöhung der Entgelte „nach dem aktuellen Stand kaum zu vermeiden“, heißt es. O-Ton in dem Papier: „Die entsprechenden Schritte sind eingeleitet. Daraus wird sich nachfolgend auch eine Erhöhung der Abfallgebühren ergeben.

Andreas Tappert

Leipziger Volgszeitung, 24.04.2006, Seite 13


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