Die Mathematik des Klüngels

Forscher berechnen, wie sich Manager-Seilschaften erfolgreich durchsetzen

Hannover. Wenn in Gremien und Aufsichtsräten Manager um Entscheidungen ringen, spielen nicht allein objektive Kriterien eine Rolle. Ebenso wichtig ist, wer von den Entscheidern mit wem zusammen in anderen Gremien sitzt oder in einer Seilschaft verbunden ist. Wie sehr eine locker verbundene Managerclique Entscheidungen hindrehen kann, wenn sie beispielsweise einen Vorschlag eines Leiters oder Vorsitzenden unterstützen will, aber über keine Mehrheit verfügt, hat ein französisches Forscherteam untersucht und dazu ein mathematisches Modell entwickelt. "Eine gut miteinander verknüpfte Seilschaft kann, selbst wenn sie in der Minderheit ist, die Entscheidung eines Gremiums in ihre Richtung lenken", erklärt Stefano Battiston, Physiker an der französischen Hochschule Ecole Normale Superieur in Paris.

Die Forscher haben als typische Gremiumgröße zehn Mitglieder angenommen. Dann haben sie alle Varianten durchgespielt, die möglich sind, wenn in so einer Gruppe höchstens drei interpersonelle Verbindungen und höchstens zwei Verbindungen, die von einer Person ausgehen, gegeben sind. Dabei kommen sie auf 15 Varianten. Die kleinstmögliche Variante besteht aus zwei Personen, die eine Verbindung zueinander haben, die größten aus drei Mal zwei Personen, die jeweils eine Verbindung zueinander haben, oder ein Mal zwei Personen und ein Mal drei Personen, die in Verbindung stehen. Die stärksten Cliquenvarianten machen etwa 40 Prozent dieser 15 Möglichkeiten aus, wenn man nach der Zahl der Verbindungen und dem Einbezogensein des Ausschussvorsitzenden in die Clique ausgeht. Diese 40 Prozent der Varianten haben eine Chance von 75 Prozent, den Vorschlag des Leiters durchzubringen.

Zum Vergleich: Wenn in einer Gruppe von Managern keiner einen anderen von irgendeiner anderen Gremienarbeit her kennt und auch sonst keine Verbindung zu ihm hat, besteht nur eine Wahrscheinlichkeit von 50 zu 50, dass der Vorschlag angenommen wird. In ihre Berechnungen beziehen die Forscher auch ein, wie Diskussionen um Entscheidungen ablaufen. Dazu gehört die Frage, in welcher Reihefolge welche Manager ihre Meinungsäußerungen abgeben ebenso wie die Anzahl der Redebeiträge pro Manager. In diesem Modell gingen die Forscher von drei Beiträgen pro Person aus.

Dass eine Seilschaft innerhalb eines Gremiums meinungsbildend wirken kann, auch wenn sie in der Minderheit ist, sehen die Forscher nicht von vornherein als Problem. Problematisch werde es aber beispielsweise, wenn die Seilschaft aus Blockierern besteht oder aus Leuten, die dem gemeinsamen Unternehmen schaden wollen. Hier könne das Bewusstmachen des Problems schon helfen, es einzudämmen.

Zu versuchen, für ein Gremium nur Manager zu rekrutieren, die einander nicht aus anderen Verbindungen kennen, dürfte hingegen schwierig sein. Denn meistens kommen Leute in einen Ausschuss, weil sie von einem Insider empfohlen werden".

Quelle: Landpost 50/2002, Seite 11

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