Schwache Erinnerung an harte Fakten

Der Zeuge Klaus Nowak zeigt beim vorbereitenden Aktenstudium einige Gedächtnislücken - Der ehemalige SAG-Aufsichtsratschef traf sich in Köln mit Müllmulti Trienekens

Von Jörg Manhold

Rhein-Sieg-Kreis. Von Erinnerungslücken und Gedächtnisstützen war am Mittwoch viel die Rede beim Verhandlungstag in der Strafsache gegen Karl-Heinz Meys vor der Wirtschaftsstrafkammer des Bonner Landgerichts. Bekanntlich wirft die Anklage dem Ex-RSAG-Geschäftsführer Bestechlichkeit vor. Er soll Schmiergeld in Millionenhöhe von Müllmulti Hellmut Trienekens erhalten haben (der GA berichtete).

Am 25. Verhandlungstag rief Kammervorsitzender Hinrich de Vries den früheren RSAG-Aufsichtsratschef und amtierenden FDP-Kreistagsfraktionschef Klaus Nowak in den Zeugenstand. Der Troisdorfer sollte Auskunft geben über die Arbeit des Aufsichtsrates, das Zustandekommen des Restmüllvertrages zwischen RSAG und Trienekens sowie des Sperrmüllvertrages zwischen RSAG und der Hennefer Firma Care.

Dabei ging es durchaus nicht nur um die Rolle des Angeklagten Meys, sondern auch um Nowak selbst. Bereits an früheren Verhandlungstagen war die Frage laut geworden, inwieweit er an der Vertragsausgestaltung zu Gunsten Trienekens´ beteiligt war.

Am Mittwoch räumte Nowak ein, dass ihm die Erinnerung an frühere Vorgänge „was die harten Fakten betrifft“ sehr schwer falle. Das habe er beim vorbereitenden Studium seiner Unterlagen festgestellt. Auch seine Aussage während der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen müsse er mitunter nachträglich einschränken.

Deshalb hatte der 60-Jährige nun etliche Aktenordner zur Gedächtnisstütze mitgebracht. Immer wieder zitierte er aus Gesprächsnotizen und Sitzungsprotokollen. Dabei versuchte er die Zeugenaussage von RSAG-Prokurist Michael Dahm zu relativieren, Nowak habe den Entsorgungspreis mit Trienekens-Vertreter Thomas Conzendorf in Eigenregie festgezurrt.

Ich war immer für eine strikte Aufgabenteilung zwischen Aufsichtsrat und Geschäftsführung. Die Politik sollte sich nicht ins Tagesgeschäft einmischen“, sagte Nowak. Die Geschäftsführung - also Meys - habe entschieden, welche Vorlage dem Aufsichtsrat vorgelegt werde. Er als Vorsitzender des Gremiums habe lediglich beratende Funktion gehabt.

Der Aufsichtsrat spielte leider oft die Rolle einer Feuerwehr, wenn wieder irgendwelche Katastrophen über uns hereinbrachen“, sagte Nowak. Gemeint waren jahrelange juristische Auseinandersetzung mit der Firma Care, das Dauerproblem des üblen Gestanks der Kompostwerke und immer mal wieder Schadenersatzansprüche von beauftragten Firmen.

Als es Anfang 1997 um die Vergabe der Restmüllensorgung ging, gab es mehrere Interessenten, darunter auch Trienekens. Damals habe ihn der vormalige Düsseldorfer Regierungspräsident und FDP-Parteikollege Achim Rohde angerufen und für Hellmut Trienekens um ein Gespräch gebeten.

Nowak, der als Gutachter in Sachen Atomenergie in der Kölner TÜV-Zentrale arbeitet, willigte ein. „Ich habe ihn irgendwo im Kölner Norden in einer seiner Firmen besucht. Dort hat er deutlich versucht, mir sein Angebot schmackhaft zu machen. Ich habe Trienekens gesagt, wenn sein Angebot so gut ist, dann wird es ja auch bei einer Ausschreibung gute Chancen haben.

Auf Nachfrage wird der Zeuge energisch: „Es ist nicht über eine Spende gesprochen worden. Es ist kein Geld an mich oder die FDP Rhein-Sieg geflossen.“ Der Vertragsabschluss sei später tatsächlich mit Trienekens zustande gekommen. Das habe in erster Linie daran gelegen, dass die anderen Bieter die Entsorgungssicherheit nicht nachweisen konnten.

Ob die für die Ausschreibung beauftragte Berliner Gutachterfirma IKW - an der Trienekens finanziell beteiligt war - an der Auftragsvergabe gedreht habe, vermochte Nowak nicht zu sagen. „Der Landrat hat mich darüber informiert, ich bin aber davon ausgegangen, dass Trienekens keine Rechte mehr ausübt. Vielleicht war ich da zu blauäugig.“ Kommenden Mittwoch muss der FDP-Politiker noch einmal in den Zeugenstand. Dann geht es um den Care-Vertrag.

Die Verhandlung war am Mittwoch nur zäh angelaufen. Zunächst war die Öffentlichkeit nicht hergestellt, weil am Gerichtssaal die so genannte „Sitzungsrolle“ fehlte - das Papier, auf dem Verhandlungssache und Richter verzeichnet sind. Danach nutzten die Meys-Verteidiger ihren Widerspruch gegen einen Kammerbeschluss zu einem einstündigen Zwischenplädoyer in eigener Sache.

Bis auf weiteres beginnen die Verhandlungen in Sachen Meys jeden Mittwoch um 9.30 Uhr in Saal S 1.20 des Bonner Landgerichts.

General-Anzeiger Bonn vom 07.01.2004