Rundschreiben vom 16.08.2001


Bürgerinitiative Müllverbrennung Delitzsch? - Nein!
c/o Georg Bosold, Joachim-Bauer-Str. 13, 04509 Brodau

Adresse
.....................

Delitzsch, den 16.08.2001

Sehr geehrter Hr. / Fr. / Fam. ..............

nicht zuletzt aufgrund unserer Einwände und Proteste hatte das Landratsamt in Abstimmung mit dem Kreisrat eine Umweltverträglichkeitsstudie zur Variante der zukünftigen Müllentsorgung in Auftrag gegeben.

Der Auftrag zur Erstellung dieser Studie wurde nach einem Ausschreibungsverfahren im März diesen Jahres an das Öko-Institut Darmstadt vergeben.

Die Beauftragung einer Umweltverträglichkeitsstudie wurde von unserer Bürgerinitiative begrüßt.

Unser Interesse war insbesondere, die Auswirkungen auf die Gesundheit untersuchen zu lassen. Dabei war unser Bestreben, die gesundheitlichen Gefahren einer 100.000-Tonnen-Müllverbrennungsanlage (MVA) mit denen einer mechanisch-biologischen Anlage (MBA) vergleichen zu können, welche für das tatsächlich anfallende Müllaufkommen im Landkreis Delitzsch von etwa 30.000 Tonnen ausgelegt wird.

Alternativ sollten die Auswirkungen einer Verbringung des Mülls in bestehende Aufbereitungsanlagen untersucht werden.

Am Montag, 13.08.2001 wurden die Ergebnisse der Studie im Umwelt- und Technikausschuss des Kreistages vorgetragen; die LVZ berichtete am Mittwoch, 15.08.2001 bereits darüber.

Wir wurden gestern über die Ergebnisse in einer Sitzung der Arbeitsgruppe Abfallentsorgung informiert. Mit diesem Rundschreiben möchten wir Sie über diese Ergebnisse informieren. Es bleibt nicht aus, dass wir auch den Bericht der LVZ etwas relativieren müssen.

Die Umweltverträglichkeitsstudie gliedert sich in zwei Hauptbestandteile:
erstens in die Umweltverträglichkeitsuntersuchung und
zweitens in eine Ökobilanz.

Die Ökobilanz ist wohl nicht nur für uns eine etwas abstrakte Angelegenheit. Es werden ökologische Verluste gegen ökologische Gewinne aufgerechnet. Dabei ist es egal, wo diese stattfinden. Dadurch ist auch egal, ob bei dieser Rechnerei 30.000 Tonnen oder 100.000 Tonnen als Grundlage angenommen werden.

Die Umweltverträglichkeitsstudie dürfte für uns als unmittelbar Betroffene einen höheren Stellenwert einnehmen. Es wird dargestellt, welche Schadstoffe an welcher Stelle in Delitzsch und Umgebung auftreten können.

Im Ergebnis der Studie - so wurde uns gestern jedenfalls dargelegt - haben alle Verfahren Vor- und Nachteile, so dass kaum eine eindeutige Empfehlung für oder gegen eine Müllverbrennungsanlage gegeben werden kann.

Schon in der anschließenden Diskussion wurden von Herrn Weiland, BUND und unserer Bürgerinitiative folgende Mängel im Gutachten angesprochen, welche zu Fehldeutungen der Ergebnisse führen können:

1. Warum wurde nicht nur für die Öko-Bilanz sondern auch für die Umweltverträglichkeitsstudie bei der mechanisch-biologische Aufbereitung eine Müllmenge von 150.000 Tonnen zum Ansatz gebracht?

Es sollten doch die Auswirkung auf unsere Gesundheit untersucht werden, und eine MBA wird nie und nimmer einen Jahresdurchsatz von 150.000 Tonnen erreichen.
(Wieso jetzt überhaupt 150.000 Tonnen, bisher war die Rede von 100.000 Tonnen!)

Auf unsere Rückfrage hin wurde dargelegt, man könne ja die Schadstoffe linear herunterrechnen, also für 30.000 Tonnen ein Fünftel von 150.000 Tonnen usw.!

Aha, aber warum wird das nicht gleich in der Studie dargelegt?

Soll sich jeder Kreisrat, für den die Müllentsorgung nur ein Thema unter vielen ist, die Studie mit einem Taschenrechner nochmals durcharbeiten?

Wird auf diesen Umstand überhaupt hingewiesen!

Der LVZ-Artikel vom 15.08.2001 erlaubt uns die Schlussfolgerung, dass ohne Nachfragen eben nicht darauf verwiesen wird.

Jedenfalls erscheint dort kein Hinweis, dass es Nachfragen o.ä. im Rahmen des Umwelt- und Technikausschusses des Kreistages gegeben hat oder dass von Seiten des Öko-Instituts oder gar des Landratsamtes auf diesen Umstand verwiesen wurde.

30.000 Tonnen Müll verursachen weniger Schadstoffe als 150.000 Tonnen! Und das stellt das Gutachten nicht deutlich dar; das soll sich jeder selber ausrechnen!

2.Warum wird für die Müllverbrennungsanlage eine Schornsteinhöhe von 80 Metern zum Ansatz gebracht und für die mechanisch-biologische Anlage ein Schornstein von nur 30 Metern.

Bei der Darstellung der Ergebnisse wurde deutlich, dass die Schornsteinhöhe einen wesentlichen Einfluss auf die Schadstoffverdünnung beider Anlagen hat. Die oft nur geringfügig besseren Werte der mechanisch-biologischen Anlage wurden in vielen Fällen auf die geringe Schornsteinhöhe von 30 Metern zurückgeführt.

Bei der Annahme eines höheren Schornsteins für die mechanisch-biologische Anlage würden die Vorteile gegenüber der Müllverbrennung wesentlich deutlicher hervortreten!

Warum werden Äpfel mit Birnen verglichen?

3.Warum wird in der Studie angenommen, dass der zu verbrennende Anteil aus eine mechanisch-biologischen Anlage in einem Zementwerk verbrannt wird?

Ein wesentlicher Nachteil der MBA sollen hohe Quecksilberemissionen sein (konnte man auch dem LVZ-Artikel entnehmen). Diese hohen Emissionen treten jedoch nicht auf, wenn die Reste aus der MBA nicht im Zementwerk sondern in einer MVA oder bestenfalls einer Thermolyseanlage (z.B. Schwarze Pumpe) behandelt werden.

Schon die drei vorgenannten Punkte zeigen auf, dass die Umweltverträglichkeitsstudie nicht alle Varianten hinreichend deutlich aufzeigt.

Weist die mechanisch-biologische Anlage bei der Öko-Bilanz ohnehin die besseren Werte auf, würden unter Annahme der realistischen Müllmengen, wenigstens annähernd gleicher Schornsteinhöhen und die Verbringung der Reste nicht in eine Zementfabrik die Vorteile einer mechanisch-biologischen Anlage gegenüber einer Müllverbrennungsanlage sehr deutlich sichtbar werden.

Vielleicht zu deutlich?

(Das die Verbringung des Restmülls außerhalb des Landkreises für uns die wenigsten Belastungen darstellt, muss hier nicht nochmals erwähnt werden.)

Wir werden bemüht sein, durch Aufklärung die Mängel der Studie darzulegen!

Nach ausführlichem Studium des Umweltgutachtens werden wir eine öffentliche Informationsveranstaltung in Delitzsch durchführen.

Der genaue Termin sowie die Lokalität werden wir rechtzeitig (auch über die Tagespresse) bekannt geben.


Unsere Bürgerinitiative nimmt sich eines weiteren Themas an:

Nachdem die Zuckerfabrik an einen Holländer (irrtümlich für Gerhard van Meegen aus Sonsbeck) verkauft ist oder werden soll, will dieser dort dem Vernehmen nach ein sogenanntes "Biomasse-Kraftwerk" errichten.

Aber nicht nur dort, sondern auch im Gewerbegebiet Süd-West soll unter Beteiligung der Stadt Delitzsch ein "Biomasse-Kraftwerk" entstehen.

Was ist ein Biomasse-Kraftwerk?

In diesem Kraftwerk wird "Biomasse" verbrannt und somit Strom erzeugt. Die Einspeisung dieses Stromes wird vom Staat finanziell durch einen festen, relativ hohen Kilowattpreis unterstützt.

Was aber ist Biomasse?

Dabei soll es sich vorrangig um Altholz handeln (Eisenbahnschwellen, Abbruchholz usw., also chemisch behandeltes Holz).

Zum Verbrennen dieses Holzes sind Anlagen erforderlich, die sich prinzipiell nicht wesentlich von Müllverbrennungsanlagen unterscheiden.

Der Begriff Biomasse ist irreführend, es handelt sich um behandeltes Altholz.

Ein Biomasse-Kraftwerk ist eine subventionierte Müllverbrennungsanlage mit Stromerzeugung.



Mit freundlichen Grüßen,

Georg Bosold
BI Müllverbrennung Delitzsch? Nein!