Der goldene Ring

Einleitung - „Die Retter der Welt

Gold und Silber preis ich sehr, könnt es auch wohl brauchen. Hätt ich nur ein ganzes Meer, mich hineinzutauchen!“, heißt es in einem Gedicht von August Schnetzler. Dieses könnte auch den Kreiswerke Delitzsch-Bossen eine Idee geliefert haben. Der frühere Kreiswerke-Chef Dr. Buder sah gar in den eingesetzten Abfällen wichtige Rohstoffe. Wenn man einen Goldring fertigt, zog Buder einen treffenden Vergleich, entstehen ja auch Abfälle, aber niemand käme auf die Idee, die Goldspäne wegzuschmeißen.

Die Menschen sind unermüdlich. Selbst bei einer Menge von einem Gramm Reingold pro Tonne goldhaltigen Gesteins ist die Abbauwürdigkeit gegeben. Es lohnt sich also noch die Umwelt zerstörende Förderung des vermeintlich Heil bringenden Edelmetalls. Zumeist wird Gold durch Amalgamation mit Hilfe von Quecksilber in Kombination mit der Zyanitlaugung unter Verwendung des stark giftigen Kaliumzyanids gewonnen. Mit der Goldförderung geht daher nahezu ausnahmslos die Verseuchung ganzer Landstriche einher. Die Gier nach dem glänzenden Metall war in Vergangenheit und Gegenwart häufig der Anlass für grausame Kriege.

Parallelen zwischen Gold und Kohle sind unverkennbar. Endliche Ressourcen und der Umwelt schädigende Aspekt bei der Förderung des „schwarzen Goldes“ zwingen uns, über Alternativlösungen zu sprechen. Durch den ungezügelten Verbrauch von fossilen Rohstoffen, so und vor allem auch dem der Kohle, vollzieht sich derzeit ein dramatisch voranschreitender Klimawandel mit schwerwiegendsten Folgen für unseren Lebensraum. Alltäglich tobt der Krieg gegen die Natur.

Es ist unstrittig, dass zur größten technischen Herausforderung der Gegenwart die Verringerung des Ressourcenverbrauchs auf ein für die Natur erträgliches Maß gehört. Angefangen von einer Erhöhung der Wirkungsgrade von Produktionsanlagen bis hin zum Ersetzen der immer teurer werdenden fossilen Rohstoffe durch geeignete „nachwachsende Materialien“ können der Verbrauch gesenkt und der damit einher gehende Ausstoß von Treibhausgasen reduziert werden.

Tatsache ist, dass sich deshalb bereits vor Jahren eine illustre und dem Anschein nach umweltbewusste Gruppe schlauer Köpfe im Landkreis Delitzsch aufmachte, die Bedingungen ein Stück weit zu verbessern. Sie bestand aus cleveren Managern der Abfallwirtschaft, Vertretern der Behörden und dienfähigen Kommunalpolitikern. Zu den zahllosen Ideengebern gehörte sogar ein promovierter Rechtsanwalt und ehemaliger sauerländischer Staatsdiener, der sich sein Wissen und seine Verbindungen als unabhängiger Kommunalberater und Mitgesellschafter von den Kreiswerken Delitzsch (KWD) zu horrenden Preisen bezahlen lies - Klaus Jürgen Haupt.

Klaus Jürgen Haupt bei Frontal 21 (ZDF) Hellmut Trienekens

Michael Czupalla Er hat dem Christdemokraten und Delitzscher Landrat Michael Czupalla, der in dieser Funktion auch Aufsichtsratsvorsitzender der KWD ist, den Wahlkampf gesponsert und wohl auch hinreichend andere Nutznießungen gewährt. Pikanter Weise stammt dieser "Abfallfachmann" aus dem Umfeld des wegen Schmiergeldzahlungen in zweistelliger Millionenhöhe an diverse Amtsträger verurteilten Kölner Müllunternehmers Hellmut Trienekens. Beide waren gleichwertige Anteilseigner am Institut für Kommunalwirtschaft GmbH (IKW), dem 45-prozentigen Gesellschafter der KWD. Nach dem Exkurs zu den Ursprüngen zurück: Diese elitäre Gesellschaft hob zum Teil imaginäre Produktionsstätten für Ersatzbrennstoffe aus der Taufe. Da sind wir bei einer neuen Wortschöpfung: Ersatzbrennstoff. Bald wurde dieser Stoff als ‚CARBO light®’, das Substitut für Rohstoff- und Naturressourcen bezeichnet. [Carbo lat. = Kohle]

Heinz Böhmer Es grenzt an ein Wunder: Stinkende Müllberge als Folge der ständig und unaufhörlich nachwachsenden „Ausscheidungen“ der menschlichen Zivilisation verwandeln sich zu „reinem“ Gold, wenn sie Öl, Gas und eben Kohle in den Öfen der Zement-, Papierindustrie und Großkraftwerken ersetzen. Wunder gibt es immer wieder – ob in den Sortieranlagen und Brennstoff-Produktionsstätten der Kreiswerke in Delitzsch, Radefeld, Döllnitz, Bernburg oder anderswo. Da ist es nur zu verständlich, dass der entstehende alternative Brennstoff mit Namen „CARBO light®“ mit folgenden Worten des Geschäftsführers der Kreiswerke Herrn Böhmer ins rechte Rampenlicht gerückt wird, der da lakonisch feststellte: Es gibt also nur Punkte, die für CARBO light sprechen, aber keine dagegen.





1. Teil – Volle Deponien, Leere Kassen

Durch gemeinschaftliches Aussitzen, so unsere These, sollen sich alle hausgemachten Probleme im Selbstlauf lösen. Der Sprecher des Regierungspräsidiums Leipzig, Herr Barton, begründet in dem am 01.11.2006 erschienenen LVZ Artikel Sprödaer Deponie nicht rekultiviert, die auf lange Zeit nicht durchführbare Rekultivierbarkeit mit den „ablaufenden Setzungsprozessen“. Wie kommt es, dass ausgerechnet unsere Deponie zu den wenigen sächsischen Deponien gehört, bei der derart starke Setzungsprozesse ablaufen und damit eine großflächige Rekultivierung in den nächsten Jahren nicht stattfinden kann?

Die Antwort: Das Ablagerungsregime der letzten Jahre ist hierfür verantwortlich. Erdrückende Mengen von vorbehandelten Abfällen wurden seit der Inbetriebnahme der so genannten Ersatzbrennstoffproduktion in Delitzsch-Südwest und Radefeld aus anderen Ländern Europas und deutschen Bundesländern mit Verwertungsvertrag angenommen.

Rein rechtlich gesehen bleibt zunächst festzustellen, dass vor allem in der Zeit vor dem Inkrafttreten der neuen TA Siedlungsabfall (TASi) zum 01.06.2005 die Annahme von Abfällen zur Beseitigung aus den vorgenannten Regionen problematisch war. Als unzulässige Beseitigung sah der Gesetzgeber die direkte Verbringung des herangefahrenen Mülls ohne den logistischen Zwischenschritt „Ersatzbrennstoff-Produktionsanlage“ auf die hiesigen Deponien an. Man „nutzte“ sozusagen die vermeintlichen Produktionsstätten allumfassend. CARBO light hieß das Zauberwort, welches die Müllströme nach Delitzsch fließen ließ

Es verwundert nicht, dass der Verwertungsgrad des teilweise über mehrere Ländergrenzen nach Delitzsch heran gekarrten Abfalls nach einer Information an das Sächsische Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft im Jahr 2003 bei nur 14 Prozent lag.

Da die jährliche Eingangsmenge mit ca. 210.000 Tonnen beziffert werden kann, landeten im besagten Jahr ca. 180.000 Tonnen fremden Abfalls auf den Deponien Lochau, Holzweißig und eben auch Spröda. Rein informativ sei gesagt, dass sich das jährliche Hausmüllaufkommen des gesamten Landkreises Delitzsch-Eilenburg lediglich auf weniger als 20.000 Tonnen beläuft - Tendenz weiterhin fallend. Vor allem der östliche Teil der Deponie Spröda mit seinen Bauabschnitten 3, 4a und 6 wurde größtenteils durch diese kunststoffreichen, heute würde man wohl dazu heizwertreichen Fraktionen sagen, verfüllt.

Hauptsächlich kunststoffreiche Bündel, mit einem Gewicht von 200-400 Kilogramm, welche die Eingangshalle zur so genannten Produktion noch nicht einmal erreichten, sondern bereits auf dem Hofgelände umgeladen und danach auf die Billigdeponien gebracht wurden, füllen nun diese. Lt. Aussage des einstigen Geschäftsführers der Kreiswerke, Herrn Dr. Buder, im Rahmen einer Informationsveranstaltung mit unserer Bürgerinitiative im August 2003, betrug der Annahmepreis für den angenommenen Abfall, also das Eingangsmaterial der vermeintlichen Verwertungsanlagen 34,50 Euro je Tonne.

Mit dieser Verlockung lohnte sich also der Transport sogar über sehr weite Entfernungen. Mit dem Annahmepreis von 34,50 Euro pro Tonne war man natürlich gegenüber Müllverbrennungsanlagen und möglichen ordnungsgemäß geführten Deponien in den jeweiligen Herkunftsregionen des Mülls konkurrenzlos günstig. Damit ist bewiesen, dass die Hausmüll-Deponie Spröda wohl zu Recht als „Billigdeponie“ bezeichnet werden muss.

Fraglich ist, ob mit diesem geringen Umsatzerlös die nötigen gesetzeskonformen finanziellen Rücklagen für die nun anstehenden erforderlichen Rekultivierungsmaßnahmen gebildet werden konnten. Apropos „Billigdeponien“ – Zwar war das jahrelange Verklappen großer Tonnagen in- und ausländischen Mülls mit geringen Kosten verbunden, doch durch den geringen Umweltstandard, der nach unten nicht abgedichteten Deponie Spröda wird der Zwang zur schleunigst und uneingeschränkt durchzuführenden Rekultivierung sogar verstärkt. Sie verschlingt erhebliche finanzielle Mittel.

Bis zum heutigen Tag wollten weder die Managerriege der Kreiswerke noch die zuständigen Akteure der Landkreisverwaltung uns Bürger Auskunft erteilen über den Verbleib der millionenschweren Rücklagen, die für die zeitnahe Durchführung der Rekultivierungsmaßnahmen in früheren Jahresabschlüssen der KWD aufgeführt waren. Schlüssige Antworten gab es bislang keine, dafür umso mehr Anfeindungen und verbale Drohgebärden. Dieses Verhalten war für uns auch eine Antwort und zusätzlich Motivation in unserer Aufklärungsarbeit konsequent fort zufahren.

Das Regierungspräsidium Leipzig als Überwachungs- und Kontrollbehörde scheint durch ihren unübersehbaren Drang zum Aussitzen einer Klärung im Wege zu stehen.

Dabei ist doch eine zügig voranschreitende Rekultivierung und Sanierung der Deponie Spröda für den Schutz des Menschen und seiner Umwelt von außerordentlicher Bedeutung, zumal die Kippe bereits seit über eineinhalb Jahren als geschlossen gilt. Der Eingangs genannte RP-Sprecher Barton, fand in der LVZ vom 1. November 2006 beachtliche Worte. Zu den bereits fertig rekultivierten Deponien im Bereich des RP Leipzig meinte er: „Mit den Maßnahmen sind alle Vorkehrungen getroffen, die eine Beeinträchtigung des Wohls beziehungsweise eine Gefährdung der Allgemeinheit für die Zukunft ausschließen“.

Abgeleitet daraus lautet nun die Frage: Wie sollen wir dann das derzeit noch nicht abzusehende Rekultivierungsende der im Landkreis Delitzsch befindlichen Deponie Spröda interpretieren? – Eventuell den Sachverhalt als Umweltstraftat zur Anzeige bringen?

Mit Antrag vom 06. Oktober 2005 stellten die Kreiswerke beim RP Leipzig den „Antrag auf Verschiebung der Durchführung von Sanierungsleistungen in das Jahr 2007 für Maßnahmen auf der Kommunaldeponie und Neuen Altsalzdeponie in Spröda“. Als Begründung der zeitlichen Verschiebung wird darin ausgeführt, dass „gegenwärtig die Tendenz zu verzeichnen“ sei, „dass für solche Bodenarten“ (gemeint sind mineralische Bodenmaterialien) „Kosten verlangt werden und somit bisher angesetzte Planansätze“ für Abdeckmaterialien der Ausgleichs- und Tragschicht „nicht realisierbar sind“. Gleichzeitig beantragte man eine Verlängerung der Ausreichung von EU-Fördermitteln (EFRE-Mittel) in das Jahr 2007 hinein.

Wie kann es sein, dass die Beschaffung und Bereitstellung der für die Deponieendgestaltung und temporären Abdeckung erforderlichen Massen entsprechend der vorgegebenen Ablaufplanung nicht mehr möglich ist? Eigens zur Erstellung der Planansätze und Deponiegutachten wurden doch jahrelang hoch dotierte Berater beschäftigt. Allein die so genannten Beratungsleistungen zwischen dem IKW-Beratungsinstitut für Kommunalwirtschaft des Herrn Dr. Haupt und der KWD GmbH sowie dem IKW und dem KWD-Mutterkonzern, ENEBA GmbH, kosteten diesen teilkommunalen Unternehmen jährlich 330.000 Euro. Zusätzlich waren namentlich bekannte Ingenieurbüros, Gutachter und Rechtsanwälte, mehr oder weniger tätig.

Tatsache ist: In den Abfallgebühren der Abfallerzeuger, also der Bürger, sind im beachtlichen Maße anteilig Deponieentgelte enthalten. Die LVZ vom 14.11.2003 zitiert in dem Artikel den Vize-Landrat Fiedler. Er sagt: „Von den eingenommen Deponieentgelten begleicht das Unternehmen“, Kreiswerke Delitzsch, die laufenden Aufwendungen des Deponiebetriebes bis hin zur abschließenden Sanierung und Rekultivierung der beiden Deponien“, Lissa und Spröda, „nach deren Schließung.“ Diese Deponieentgelte für Sanierung und Rekultivierung nach den Deponieschließungen werden seit Herbst 1993 kassiert.

Aufschlussreich ist auch das Schreiben der Kreiswerke an den Vize-Landrat Fiedler vom 30. September 2005. In diesem Schreiben geben die Kreiswerke an, dass der „Wertumfang für die Deponienachsorge für das Gesamtvorhaben Lissa und Spröda“ mit 9,175 Mio. EUR zu veranschlagen ist. Davon sollen allerdings 5,051 Mio. EUR durch Fördermittel abgedeckt werden. „Der verbleibende Eigenanteil von 4,120 Mio. EUR ist in den Wirtschaftsplänen 2005, 2006 und 2007 eingestellt…

Warum beantragten die Kreiswerke zu allem Überfluss noch Mittel für Maßnahmen im Rahmen des Deponieabschlussprogramms des Freistaates Sachsen in Höhe von 5,2 Mio. EUR, einem Programm, welches finanziell durch den Europäischen Fond für regionale Entwicklung (EFRE) unterstützt wurde? Warum wurde diesem Ansinnen seitens der Genehmigungsbehörden stattgegeben?

Seit Jahren weisen wir auf die drohenden ökologischen und wirtschaftlichen Folgen der verfehlten Abfallpolitik im Landkreis Delitzsch hin. Wir fordern von den Behörden, dem Abfallentsorger und nicht zuletzt von den politischen Entscheidungsträgern mehr Transparenz und die Einhaltung ökologischer Kriterien in der Abfallpolitik.

Der Kreistag und die Landkreisverwaltung haben die politische, ökologische und ökonomische Gesamtverantwortung im Prozess der Delitzscher Müllentsorgung. Diese Verantwortung ergibt sich darüber hinaus zusätzlich durch die Mehrheitsbeteiligung des Landkreises am Abfallentsorger KWD. Unseren Fragen wurde bisher mit Verweisen auf privatwirtschaftliche Belange oder abweisenden bzw. nebulösen Antworten ausgewichen. Es ist Zeit, dass hier ein Umdenken erfolgt.

Umweltschutz hat Priorität, und die Gebührenzahler haben ein Anrecht auf Transparenz!


Der Inhalt des nun folgenden 2. Teils wird sich am Interesse der Lesenden ausrichten. Formulieren Sie bitte Ihre persönlichen Fragestellungen und Wünsche in einer e-Mail und senden diese an

dietmar.mieth@t-online.de

Meine Vorschläge für mögliche weitere Abhandlungen können wie folgt umrissen werden:

  1. Vorschlag 1

    Die Zeit heilt alle Wunden

    Drei Jahre Ermittlungsverfahren gegen Landrat und Aufsichtsratsvorsitzenden Czupalla bei der „Integrierten Ermittlungseinheit Sachsen“ (INES). Ein Jubiläum mit obskurem Beigeschmack.

  2. Vorschlag 2

    Die tickenden Zeitbomben

    Gefahren, die von den Deponien Spröda und Lissa ausgehen. Deponiebetrieb und -sanierung zwischen Anspruch und Wirklichkeit und die Rolle der scheinbar unabhängigen Gutachter und Berater. Diese Abhandlung wird auch auf die Probleme, die im Zusammenhang mit dem Anstieg des Grundwasserspiegels entstehen, eingehen.

  3. Vorschlag 3

    Legalisierer im Amt

    Es öffnen sich mitunter die Türen der Amtsstuben auf eine für den Betrachter sonderbare Weise. Auch wenn die Frage, ob sich Täter oder Opfer in den Genehmigungsbehörden die Hoheit über die Entscheidungsprozesse gesichert haben nicht vollends beantwortet werden kann, soll in dieser Abhandlung der Versuch unternommen werden, die Wirkungsmechanismen innerhalb dieses Systems und die Auswirkungen auf Mensch und Umwelt zu umreißen.

  4. Vorschlag 4

    CARBO light als Überlebenselixier?

    Hierin soll der Frage nachgegangen werden, was wirklich mit der ungezügelten Annahme und Zwischenlagerung von enormen Mengen vorbehandelter Abfälle seitens der KWD bezweckt wird. Genehmigt wird durch die zuständigen Behörden scheinbar alles, ob eine fiktive Ersatzbrennstoffproduktionsanlage in Bernburg oder diverse Mülllager. Der Zweck heiligt bekanntlich die Mittel.

Dietmar Mieth, Bürgerverein „Sauberes Delitzscher Land“ e.V.

16.02.2007


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